Interview mit einer Galeristin

Geschlecht: weiblich
Arbeitet als: Galeristin
Alter: 36 Jahre

1. Was macht eine Galeristin?

Eine Galerie vertritt eine begrenzte Anzahl von Künstlern, die es gilt, möglichst bekannt zu machen bzw. eine internationale Sichtbarkeit aufzubauen und/oder aufrecht zu erhalten. Die Galerie kümmert sich um die Produktion und den Verkauf der Werke, präsentiert die Künstler in regelmäßigen Einzel-und Gruppenausstellungen in den Galerieräumen sowie in internationalen Institutionen, Museen und auf Kunstmessen und arbeitet eng mit Kuratoren, Sammlern und fachspezifischer Presse zusammen. Vergleichbar eventuell mit Plattenlabeln, die für die Karriere von Musikern zuständig sind, muss sich die Galerie um die Karriere aber auch um das persönliche Wohlergehen (im professionellen sowie im privaten Rahmen) der Künstler quasi rund um die Uhr kümmern.

2. Wann wussten Sie, dass Sie einmal diesen Beruf ergreifen würden?

Nach meinem Studium habe ich zur Orientierung ein Praktikum in einer Galerie gemacht, das mich schnell überzeugt hat, dass ich gerne in diesem Bereich arbeiten möchte und die Kunstvermarktung dem eigenen Kunstschaffen klar vorziehe.

3. Wie verlief die Ausbildung?

Nach meinem Abitur in Berlin einjähriger Orientierungskurs an einer Kunsthochschule in London („Photography Access Course“ im City and Islington College, London), gefolgt von Kunst-und Medienstudiengang (BA) an der University of the Arts, London, Schwerpunkt Fotografie. Danach verschiedene Praktika in Paris (Galerien, Filmfestival) sowie Besuch von Fachseminaren zum Thema französischen und internationalen Kunstmarkt. Nach meinem ersten Galeriepraktikum dienten die weiteren Praktika etc. bereits der Vorbereitung der Eröffnung der eigenen Galerie.

4. Welche Inhalte oder Themen haben Ihnen in der Ausbildung, vorher in Schule und Freizeit und jetzt im Beruf besonders viel Spaß gemacht?

  • Schule/Freizeit: Sprachen, Literatur, Fotografie
  • Ausbildung: Fotografie und Videokunst, Austausch mit internationalen Studenten der Uni, Recherchen im Bereich Kunst, Medien, Kunstmarkt, Ausstellungsbesuche (Museen, Galerien).
  • Beruf: Zusammenarbeit mit internationalen Kunsttätigen; die Auseinandersetzung mit dem (vollkommen artifiziellen Konstrukt des) Kunstmarkt(es); Mitverfolgen, wie Kunst geschaffen wird.

5. Wo arbeiten Sie momentan?

Gemeinsam mit meinem Mann führe ich seit 9 Jahren eine Galerie für junge, zeitgenössische Kunst, erst mehrere Jahre über in Paris, nun in Berlin.

6. Wie verläuft ein typischer Arbeitstag?

  • Termine und Kommunikation (insbesondere Emailkorrespondenz) mit Künstlern, Sammlern, Presse, Produktionsfirmen (vor Ort in Berlin, jedoch auch sehr viel im In-und Ausland)
  • Ausstellungen- sowie Messebeteiligungen begleiten, vorbereiten und planen
  • Kunden Acquise- und Pflege
  • Administrative Tätigkeiten wie z.B. Buchhaltung
  • Recherchen

7. Gibt es Routine in Ihrem Beruf? Wenn ja, worin besteht sie?

Der Beruf ist sehr abwechslungsreich, da man ständig vor neuen Herausforderungen steht, sich fortlaufend auf den Umgang/Dialog mit sehr unterschiedlichen Leuten unterschiedlichster Herkunft einlassen muss, in mehreren Sprachen kommunizieren muss (in meinem Fall deutsch, englisch, französisch) und regelmässig Problemen ausgesetzt ist, die man umgehend unter Kontrolle bekommen / abwenden muss.

Die Routine liegt hauptsächlich im Begleiten des Galeriekünstlerstammes.

8. Was ist besonders toll an Ihrem Beruf?

Da er sehr abwechslungsreich ist und man ständig vor neuen Herausforderungen steht, wird es einem eigentlich nie langweilig! Es ist sehr schön, persönliches Interesse, die Kunst, in einen Beruf eingebracht zu haben. Trotz einiger negativer Aspekte (siehe 10.) arbeite ich gerne als Selbstständige.

10. Was gefällt Ihnen nicht so gut?

Der finanzielle Druck, die (Mit-)verantwortung über die Karriere der Galeriekünstler, insbesondere aufgrund der ständigen Ungewissheit, wie der Kunstmarkt sich entwickelt. Die sehr häufigen und unumgänglichen Kurzreisen (Termine mit Künstlern, Sammlern, Kuratoren, präsent sein während Ausstellungseröffnungen der eigenen Künstler im In-und Ausland, Messebeteiligungen) sind nicht so glamourös, wie sie von außen häufig beurteilt werden, sondern meistens sehr anstrengend.

11. Was würden Sie anderen Menschen raten, die Ihren Beruf ergreifen wollen?

Als allererstes mehrere Praktika im Bereich Kunstmarkt / in Galerien machen, um einen fundierten Einblick in die Kunstwelt zu bekommen und Kontakte zu knüpfen und vor Eröffnung einer eigenen Galerie einige Zeit fest für eine Galerie arbeiten. Wie für jegliche Firmengründung ist ein Startkapital unumgänglich. Man sollte sich im Vorfeld intensiv mit dem Thema Firmengründung auseinandersetzen.

Ein reges Interesse und gewisses Vorwissen zum Kunstmarkt und der Kunstgeschichte ist nötig. Man muss die englische Sprache beherrschen.

Man muss sehr belastbar sein und sich dessen bewusst sein, das es bei diesem Beruf (als Angestellter sowie als Selbstständiger) keine geregelten Arbeitszeiten gibt: Es wird an Wochenenden gearbeitet, häufig finden (Pflicht-)Veranstaltungen abends nach der regulären Arbeitszeit (= Öffnungszeiten der Galerie) statt, Urlaub kann fast ausschließlich nur während der Galerie-üblichen Sommerpause im August sowie zwischen Weihnachten und Neujahr genommen werden.