Interview mit einer Lehrerin an Berufsbildenden Schulen

Geschlecht: weiblich
Arbeitet als: Lehrerin an Berufsbildenden Schulen
Alter: 33 Jahre

 

1. Was macht eine Lehrerin an Berufsbildenden Schulen?

Als Lehrer/in an einer Berufsbildenden Schule bereitet man Unterricht vor, d.h. man wählt, orientiert an einen Rahmenlehrplan und einer bestimmten Lerngruppe, Unterrichtsinhalte ziel- und adressantengerichtet nach didaktischen und methodischen Gesichtspunkten aus und erarbeite daraus einzelne Unterrichtsstunden. Diese Unterrichtsstunden werden abgehalten und anschließend nachbereitet. Zum Arbeitsalltag einer Berufschullehrerin/eines Berufschullehrers gehören darüber hinaus die Korrektur von Klassenarbeiten und Klausuren, das Erstellen von z.B. Förderplänen, die Beratung von Schüler/innen, Eltern und Ausbildungsbetrieben, die Durchführung von Praktikumsbesuchen, das Mitwirken an unterrichtsübergreifenden Arbeitsgruppen der Schule sowie ein gewisser Anteil von Verwaltungsarbeit.

2. Wann wussten Sie, dass Sie einmal diesen Beruf ergreifen würden?

Nach einer Ausbildung in einem handwerklichen Beruf habe ich nach einer Möglichkeit gesucht, meine in meinem Lehrberuf gewonnenen fachlichen Kenntnisse weiterhin zu fokussieren, jedoch die handwerkliche Praxis zu verlassen. Der Beruf der Lehrerin an einer Berufsbildenden Schule ermöglicht beides. Zudem ermöglicht der Studiengang „Lehramt für Berufsbildende Schulen“  sich neben dem beruflichen Schwerpunkt auch mit einer weiteren, allgemeinen „Disziplin“  auseinanderzusetzen. Das hat mich sehr angesprochen Ein Jahr nach Abschluss meiner  Ausbildung habe ich die Entscheidung getroffen das Studium aufzunehmen.

3. Wie verlief die Ausbildung?

Der Ausübung dieses Berufes geht ein Studium an einer Universität voraus. An vielen Universitäten ist es möglich neben dem allgemeinen Abitur auch mit dem Abschluss einer Fachoberschule das Studium zu beginnen. In diesem Fall muss i.d.R. vorerst eine Immaturenprüfung abgelegt werden. Im Grundstudium werden Inhalte der beruflichen Fachrichtung sowie Pädagogik studiert, im Hauptsemester wird dann ein zweites, allgemeinbildendes Unterrichtsfach „dazugewählt“. Während des Studiums werden mehrere Praktika an Berufschulen durchgeführt. Wer vor dem Studium keine Ausbildung in der beruflichen Fachrichtung absolviert hat, muss vor oder während des Studiums ein 52-wöchiges Praktikum ableisten. Das Studium endet mit der 1. Staatsprüfung. Nach dem Studium folgt das Referendariat an einer Ausbildungsschule, das je nach Bundesland zwischen 18 und 24 Monate dauert. Am Ende des Referendariats erfolgt eine 2. Staatsprüfung. In den meisten Bundesländern kann nach Abschluss des Referendariats mit der Verbeamtung gerechnet werden.

4. Welche Inhalte oder Themen haben Ihnen in der Ausbildung, vorher in Schule und Freizeit und jetzt im Beruf besonders viel Spaß gemacht?

Ich hatte Spaß an handwerklichen und technischen Dingen, im praktischen und theoretischen Sinne, was dann auch meine erste Berufswahl zur Maler- und Lackiererin bestimmt hat. Ebenfalls war mir der Umgang mit Menschen wichtig. Ich habe bereits in der Jugend Kindergruppen und später Jugendgruppen betreut und geleitet. Dabei hat sich, neben dem eigenem Interesse am lebenslangen Lernen, in Ansätzen bereits die Freunde am Lehren herauskristallisiert.

5. Wo arbeiten Sie momentan?

Ich arbeite an einer gewerblichen Berufschule in Darmstadt. Ich gehöre dem Fachbereich „Farbtechnik- und Raumgestaltung“ an und bin zudem Fachleiterin für das Unterrichts-fach „Deutsch“.

6. Wie verläuft ein typischer Arbeitstag?

Der Unterricht beginnt an meiner Schule um 8.00 Uhr. In der Regel komme ich  um 7.30 Uhr  in der Schule, evtl. müssen dann letzte Vorbereitungen, wie z.B. kopieren, für den anstehenden Unterrichtstag durchgeführt werden. Bis 15.00 Uhr findet die eigentliche Unterrichtstätigkeit statt. In der Regel steht dann noch Verwaltungsarbeit, Gespräche mit Schülern, Telefonate mit Eltern/Betrieben an. An manchen Nachmittagen finden Konferenzen statt, die bis ca. 18 Uhr dauern können. Da an meiner Schule für die Lehrkräfte kein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung steht, erfolgen nach dem Unterricht zuhause, am eigenen Schreibtisch weitere Unterrichts-vorbetungen an. Ich lese mich in neue Themen ein, plane Stundenabläufe, erstelle Arbeitsmaterial oder korrigiere Klausuren und Klassenarbeiten.

7. Gibt es Routine in Ihrem Beruf? Wenn ja, worin besteht sie?

Es gibt in meinem Beruf keine wirklichen Routinen. Zwar ähneln sich die Tagesabläufe grob, da man aber täglich in wechselnden Schulformen und Klassen unterrichtet und andere Inhalte bearbeitet, ist kaum ein Tag wie der andere. Zudem wechseln die Stundenpläne jährlich.

8. Was ist besonders toll an Ihrem Beruf?

Ich genieße die Vielseitigkeit des Berufs und den täglichen Kontakt zu anderen Menschen. Ein besonderer Vorteil besteht darin, sich nach Ableisten des eigentlichen Unterrichts, die weitere Arbeitszeit, die für Vorbereitungen und Korrekturen benötigt wird,  selbst und frei einteilen zu können.  Es ist ein schönes Gefühl, am Ende des Schuljahres zu sehen, wie viele Schüler man erfolgreich ans Ziel geführt hat und zur Entwicklung mancher Schüler beitragen konnte.

9. Was gefällt Ihnen nicht so gut?

Durch das hohe Arbeitspensum fehlt manchmal  die Zeit, um jede Unterrichtreihe oder –stunde „aufwendig“  und kreativ zu gestalten. Auch fehlt manchmal die Zeit, um dem Betreuungsbedarf jedes Schülers individuell gerecht zu werden. Das Kerngeschäft „Unterricht“ leidet unter dem immer größer werden Verwaltungsaufwand. Zudem kommt es in der Schule häufig zu Konflikte mit oder zwischen Schülern, Eltern, Betriebe und Kollegen. Diese kosten sehr viel Kraft.

10. Was würden Sie anderen Menschen raten, die Ihren Beruf ergreifen wollen?

Wer als Lehrerin/Lehrer an einer Berufsbildenden Schule arbeiten möchte, sollte ernsthaftes Interesse an der Lehre, an Unterrichtsinhalten und am Umgang mit jungen Menschen. Wer sich diesen Beruf aussucht, weil der Beamtenstatus und Ferienzeiten locken und hinter diesem Beruf wenig Arbeitsaufwand vermutet wird, wird schnell enttäuscht oder überfordert sein. Auch sollte man belastbar und geduldig sein und sehr viel Offenheit, Toleranz und Respekt gegenüber jungen Menschen, mit all ihren unterschiedlichen „Charakteren“, mitbringen. Wer selbst keine Berufschule besucht hat, dem würde ich vor dem Studium empfehlen, einige Wochen an einer Berufsbildenden Schule zu hospitieren, um die besonderen Gegebenheiten und das Klientel dieser Schulform kennenzulernen.