Einblicke in den Berufsalltag einer Gynäkologin

In unserem neuesten Interview sprechen wir mit Kathrin, einer erfahrenen Gynäkologin, über ihre tägliche Arbeit, ihre Beweggründe, diesen Beruf zu ergreifen, und ihren Ausbildungsweg. Erfahren Sie mehr über die vielfältigen Aspekte der Gynäkologie direkt aus erster Hand.

Was macht eine Gynäkologin? Ein vielfältiger Beruf

nolten.de: Liebe Kathrin, was genau macht eine Gynäkologin?

Kathrin: Wir betreuen und beraten Frauen von Jugendlichen bis ins hohe Alter in allen Lebenslagen. Dazu gehören Vorsorge, Früherkennung, Schwangerschaft, Verhütung, Aufklärung und Untersuchungen aller Art. Es ist also ein sehr vielfältiger Arbeitsalltag mit ganz unterschiedlichen Inhalten.

Kathrins Entscheidung für die Gynäkologie

nolten.de: Wann wusstest du, dass du diesen Beruf ergreifen möchtest?

Kathrin: Schon vor dem Abi. Es war von Anfang an Ziel meines Studiums, Gynäkologin zu werden. Ich wollte die Abläufe im Körper verstehen, weil ich es so spannend und faszinierend fand, was im Körper einer Frau in den unterschiedlichen Phasen so passiert. Außerdem wollte ich unbedingt selbst Familie haben und hatte vielleicht auch so ein bisschen das Gefühl, es könnte gut sein, wenn ich da Bescheid weiß und mir auch mal selbst helfen kann.

Der Weg zur Gynäkologin: Studium und Facharztausbildung

nolten.de: Wie verlief die Ausbildung?

Kathrin: Erst einmal habe ich sechs Jahre Medizin studiert, davon ist das letzte Jahr das sogenannte Praktische Jahr, das man in der Klinik verbringt. Das PJ ist wiederum in drei Teile gegliedert, davon muss man einen in der Inneren Abteilung und einen in der Chirurgie absolvieren. Das letzte Drittel kann man frei wählen, je nachdem, in welche Richtung man dann nach dem Staatsexamen gehen möchte. Wer Chirurg oder Internist werden will, kann dann auch noch einmal in eine dieser Abteilungen gehen, aber ich habe es natürlich in der Gynäkologie gemacht. Ich finde das eine ganz gute Regelung, weil man sich dann eben wirklich orientieren kann. Manchmal stellt man sich einen Bereich sehr spannend vor, und in der Praxis läuft alles ganz anders; oder man plant einen Facharzt in irgendetwas anderem und entdeckt dann, wie spannend die Chirurgie ist. Für mich hat sich aber bestätigt, dass die Gynäkologie genau das Richtige ist.

Die Facharztausbildung umfasst dann noch einmal fünf Jahre. In der Zeit ist man Assistenzarzt in der Klinik. Man kann die Facharztausbildung auch in Teilzeit machen, aber dann verlängert sie sich eben. Das ist einerseits eine ganz gute Option für Frauen, die nicht so spät Kinder bekommen wollen – immerhin dauert es ganz regulär insgesamt elf Jahre, bis man mit der Ausbildung fertig ist, da sind die meisten ja dann schon mindestens Ende Zwanzig. Wenn man während der Facharztausbildung Eltern wird und sie dann in Teilzeit fortsetzt, muss man eben nur bedenken, dass es dann noch länger dauert, bis man sich niederlassen oder in eine Praxis einsteigen kann.

Wer keinen Facharzt machen will, der kann auch als Assistenzarzt im Krankenhaus bleiben oder als praktischer Arzt arbeiten. Der klassische Hausarzt braucht aber übrigens auch eine Facharztausbildung.

Inspiration und Leidenschaft in der medizinischen Ausbildung

nolten.de: Welche Inhalte oder Themen haben dir in der Schule oder in der Ausbildung besonders viel Spaß gemacht?

Kathrin: Bio war mein Lieblingsfach. Ich fand es faszinierend, die Vorgänge im menschlichen Körper zu verstehen und zu begreifen, wie alles funktioniert und zusammenhängt. Und ich wollte immer etwas mit Menschen machen und nah an ihnen dran sein – nicht nur fachlich, sondern eben auch zwischenmenschlich. Das ist man in der Gynäkologie, wir sind ja sozusagen die „Hausärzte der Frauen“. Fast jede Frau geht im Laufe ihres Lebens zur Frauenärztin, und durch die regelmäßigen Kontrollen, die jede Frau wahrnehmen sollte, begleiten wir unsere Patientinnen manchmal ein Leben lang, auf jeden Fall durch sehr unterschiedliche Abschnitte ihres Lebens – von der ersten Vorsorgeuntersuchung über das Aufklärungsgespräch zur Verhütung, dann kommt eine Schwangerschaft, Nachsorge und irgendwann die hormonellen Veränderungen durch die Wechseljahre. Das ist schön, wir lernen unsere Patientinnen gut kennen und sind wirklich oft mehr als nur medizinische Ratgeber.

Ein Tag im Leben einer Gynäkologin

nolten.de: Wo und wie arbeitest du momentan?

Kathrin: Ich bin angestellte Ärztin in einer Gemeinschaftspraxis und arbeite in Teilzeit. Das geht gut und es gibt mir die Möglichkeit, meiner Familie und meinem Beruf gerecht zu werden.

Der Alltag in der gynäkologischen Praxis

nolten.de: Wie verläuft ein typischer Arbeitstag?

Kathrin: Wenn ich in die Praxis komme, schaue ich erstmal in mein digitales Postfach – ob Befunde da sind, Laborberichte undsoweiter. Dazu mache ich mir Notizen, falls jemand angerufen oder einbestellt werden muss oder falls die Patientin zu einem weiteren Termin angemeldet ist. Ich kläre ab, wenn irgendetwas unsicher ist, und schaue, welche Patientinnen aus welchem Grund kommen werden.

Dann beginnt die Sprechstunde. Unsere Patientinnen kommen im 15-Minuten-Takt mit ganz unterschiedlichen Themen, ich muss mich also auf jede Frau neu einstellen und natürlich ist es gut, wenn ich vorher im Kopf habe, welche Geschichten diese Frauen von letzten Besuchen mitbringen – deshalb brauche ich die Vorbereitungszeit vor Praxisbeginn. Es gibt auch noch eine Akut-Sprechstunde für Patientinnen mit Beschwerden oder solche, die dringend die „Pille danach“ brauchen. Dafür haben wir ein Zeitfenster eingeplant.

Die fünfzehn Minuten sind manchmal knapp, gerade wenn es kompliziertere Befunde gibt oder ältere Frauen, die beim Aus- und Anziehen nicht mehr so fix sind. Aber das lässt sich eigentlich immer ganz gut ausgleichen, denn zum Beispiel für die reguläre Kontrolle bei einer jungen Patientin braucht man ja auch mal nicht so viel Zeit.

Mittags habe ich dann Feierabend.

nolten.de: Wie viel Zeit verbringst du mit welchen Tätigkeiten?

Kathrin: Die meiste Zeit verbringe ich mit der Arbeit mit den Patienten. Bürokratie ist bei uns nicht so überbordend, weil wir ja eher selten Arztbriefe schreiben oder Anträge stellen müssen; das kommt mal vor, ist aber nicht die Regel. Tatsächlich nehmen die Patiententermine und deren Vorbereitung den größten Raum ein.

Erfüllende und schweirige Momente in der Gynäkologie

nolten.de: Was ist an deinem Beruf besonders toll?

Kathrin: Wenn ein junges Paar schwanger ist und ich ihnen sagen kann: Es ist alles gut, das Herzchen schlägt. Das ist immer wieder ein ganz großer Moment, und ich freue mich jedes Mal neu. Das ist eben auch das Schöne als Gynäkologin: Wir haben es nicht nur mit kranken Menschen zu tun, die mit einem Leiden zu uns kommen. Fast die meisten Patientinnen kommen zur Schwangerschaftsbetreuung, zur Vorsorge oder zur Beratung, und wir erleben auch sehr viel Schönes mit ihnen.

nolten.de: Gibt es etwas, das dir nicht gefällt?

Kathrin: Wenn ich schlechte Nachrichten überbringen muss. Wenn beispielsweise ein Knoten in der Brust zu fühlen ist oder irgendwelche Ergebnisse nicht ganz eindeutig sind. Mit am schlimmsten ist natürlich, wenn ein Paar ein Kind verliert, wenn ich ihnen also sagen muss, dass das Baby nicht gewachsen ist oder dass ich keinen Herzschlag erkennen kann. Da nehme ich mir auch immer Zeit, denn das sind sehr schwierige Momente. Und wenn etwas uneindeutig ist, muss ich den richtigen Ton finden zwischen niemanden verrückt machen und trotzdem ehrlich sein. Das sehe ich auch als meine Aufgabe an, solche Momente für die Patientinnen aushaltbar zu machen und dann für sie da zu sein, nicht nur als Medizinerin, sondern einfach auch als Mensch.

Ratschläge für angehende Gynäkologinnen und Gynäkologen

nolten.de: Welchen Rat würdest du jemandem geben, der deinen Beruf ergreifen will?

Kathrin: Sucht euch für die Ausbildung eine Klinik, in der eine Medizin gemacht wird, hinter der ihr voll stehen könnt! Menschlich und fachlich muss es stimmen, sonst fühlt man sich nicht wohl und findet zu dem Beruf, glaube ich, auch keinen Zugang. Gerade die Gynäkologie wird in verschiedenen Kliniken sehr unterschiedlich praktiziert, da sollte man gegebenenfalls auch keine Angst vor einem Wechsel haben. Allerdings muss man sich klar sein, dass Gynäkologie im Krankenhaus natürlich ganz anders ist als in der niedergelassenen Praxis: Während wir so ein Riesenspektrum an Inhalten abdecken, geht es im Krankenhaus um Geburtshilfe und Operationen und man hat eben nicht diesen langen, engen Kontakt zu seinen Patientinnen. Für mich ist aber gerade das besonders schön.