Interview mit Gisela Porthun, Bauzeichnerin

HW: Was macht eigentlich eine Bauzeichnerin?

Der Beruf des Bauzeichners ist vorwiegend ein Computer-Arbeitsplatz, an dem mit CAD-Software gearbeitet wird. Zum Berufsbild gehören aber auch Aufmaßarbeiten an Gebäuden wenn erforderliche Angaben fehlen, Gespräche mit Bauherren, Abstimmung von planungsrechtlichen Vorschriften mit Bauämtern oder Baustellenbesuche und Gespräche mit den Handwerkern.

Bauzeichner werden z.B. in Architekturbüros oder in Ingenieurbüros beschäftigt. Hier ist man Mitglied in einem Team und arbeitet großenteils nach Anweisungen des Vorgesetzten. Da alle Angaben, die man in den Plänen vorgibt, auf der Baustelle durchgeführt werden, muss man sehr verantwortungsvoll und präzise arbeiten.

Aber auch Bauunternehmen wie Maurerfirmen oder Zimmereien brauchen Bauzeichner, wenn sie für einen Bauherren ein Haus bauen sollen. Also jemanden, der die Planungsanforderungen und Bauherrenwünsche fachgerecht zu Papier bringt, behördliche Anforderungen im Auge hat, Maße und Abmessungen, Konstruktionsdetails, die Lage von Türen und Fenstern, Dachausführung, aber eben auch wo die technische Anschlüsse und die Abflüsse liegen, Zuleitungen undsoweiter.

Um einen Bauantrag genehmigt zu bekommen, muss man vorab manchmal mit den Bauämtern direkt reden. Natürlich soll man die Bauvorschriften sowieso kennen, aber ist etwas nicht eindeutig oder man möchte sicherheitshalber einmal nachfragen, wenn zum Beispiel eine ungewöhnliche Dachform gewünscht ist oder eine Einliegerwohnung, kann man gemeinsam mit der Behörde versuchen, Lösungen zu finden.

Auf Grundlage der Zeichnungen berechnet und konstruiert ein Statiker die Standfestigkeit des Bauvorhabens. Die Baustatik prüft deshalb, ob ausreichend Tragwerk in der Bauplanung vorhanden ist. Zu diesem zählen tragende Wände, Decken, Fundamente und Dachstühle.

Auch in diesem Büro wird ein Bauzeichner beschäftigt, hier geht es allerdings sehr viel technischer zu.

Wenn der Bauantrag genehmigt ist, geht die Arbeit für den Bauzeichner weiter: Es müssen die Pläne sehr viel detailierter und in einem größeren Maßstab gezeichnet werden, weil nach denen auf den Baustellen gebaut wird.

Bauzeichner können natürlich auch Umbauten planen, dann muss man vor Ort alle zum zeichnen erforderliche Maße nehmen und versuchen, die Umplanungswünsche der Bauherren zu integrieren. Ganz wichtig ist, dass man die Statik des Gebäudes im Auge hat, nicht dass beim Entfernen von Wänden z.B. die ganze Decke zusammenbricht.

Übrigens sind Aufmaße im Moment auch wegen der Neuberechnung der Grundsteuer wichtig, weil die Leute von den alten Häusern oft gar keine Pläne mehr haben. Sie müssen aber die Wohnfläche angeben und die muss ausgerechnet werden, da muss man dann in den Gebäuden ersteinmal ein Aufmaß machen.

Wann wussten Sie, dass Sie einmal diesen Beruf ergreifen würden?

GP: Schon immer. Ich habe schon als kleines Kind Bilder von Häusern gezeichnet und habe Gebäude „konstruiert“, das wurde dann mit den Jahren einfach immer nur komplexer. Es ist mein Traumberuf von Anfang an, und das ist er bis heute geblieben.

Wie verlief die Ausbildung?

GP: Ich habe Bauzeichnerin an der Technischen Fachschule Heinze gelernt, das ist eine Privatschule in Hamburg. Da dauerte die intensive Ausbildung nur anderthalb Jahre, aber man muss halt Schulgeld bezahlen.

Die klassische Ausbildung im Büro und an einer Berufsschule ist eigentlich besser: Sie dauert drei Jahre; davon hat man die ersten zwei gemeinsam mit allen anderen technischen Zeichnern Unterricht. Erst im dritten Jahr entscheidet man sich dann für eine bestimmte Richtung (Hochbau, Landschaftsbau, Tiefbau). Im Rahmen der Ausbildung muss man viele Praktika machen: auf Baustellen, beim Zimmermann, beim Maurer, beim Tiefbauer und so weiter. Man muss ja sehen, wie die Dinge in Wirklichkeit aussehen, die man da zeichnet, und man muss auch wissen, wo gegebenenfalls besondere Schwierigkeiten liegen. Es ist schon ein sehr technischer Beruf, und alles, was man zeichnet, sollte man gewissenhaft überprüfen. Wenn die Handwerker auf der Baustelle erst richtig loslegen, hinterfragen die nicht die Pläne. Fehler passieren natürlich schon, aber die macht man nur einmal. Und durch jeden Fehler wird man besser, weil man sie eigentlich nie wieder macht.

Man kann sich übrigens vom Bauzeichner zum Bautechniker weiterbilden, dann darf man auch eigene Bauanträge einreichen, weil man Bauvorlageberechtigt ist. Das bedeutet dann aber natürlich auch wieder viel mehr Verantwortung.

Welche Inhalte haben Ihnen in der Ausbildung, in der Schule oder Freizeit oder jetzt im Beruf besonders viel Spaß gemacht?

GP: Jetzt im Beruf bringt es besonders viel Spaß, dass man Bauherren, die mit vagen Vorstellungen kommen, so lange mit Rat und Tat und Vorschlägen begleitet, bis sie sagen: genau so haben wir uns unser Haus vorgestellt.

Wo arbeiten Sie momentan?

GP: Ich bin selbständig und arbeite zuhause, schon seit der Geburt meiner Tochter vor 35 Jahren. Das war ganz einfach, man braucht nur einen Gewerbeschein und einen Computer mit den entsprechenden Programmen und los gehts. Vorher war ich angestellt in einem Architektenbüro, da arbeitet man eigentlich genauso, aber man hat natürlich weniger Freiheiten. Wenn man selbständig ist, kann man als Bauzeichner sehr gutes Geld verdienen, wenn man fleißig arbeitet und sich auch um Aufträge kümmert. Davon gibt es eigentlich genug, denn gebaut wird immer – ob neu oder saniert oder umgebaut. Für alles braucht man Bauzeichner.

Wie verläuft ein typischer Arbeitstag?

GP: Naja, wenn man ein Projekt hat, dann sitzt man eigentlich den ganzen Tag am PC und zeichnet. Oder man trifft den Bauherren oder telefoniert mit ihm oder mit dem Bauamt oder den Gewerken. Manchmal muss man eben auch raus und vor Ort vermessen.

Was ist besonders toll an Ihrem Beruf?

GP: Alles! Wirklich, es ist ein Traumberuf. Ich bin sehr unabhängig und eigenständig, das wollte ich immer, und auch wenn ich manchmal den ganzen Tag nur Striche und Punkte zeichne, ist es sehr abwechslungsreich. Außerdem lernt man ständig was dazu, weil ja jedes Projekt eigene Herausforderungen birgt.

Gibt es etwas, das Ihnen nicht so gut gefällt?

GP: Nein! Wirklich nicht. Wenn man wirklich begeistert ist und neugierig und gern Schwierigkeiten durch hinterfragen löst, also dieses technische Interesse hat, dann ist es ein toller Beruf. Man darf halt keine Angst haben vor Gesprächen mit Menschen oder Ämtern. Und ein bisschen Perfektionismus kann nicht schaden, dann wird man richtig gut.

Was würden Sie jungen Menschen raten, die Ihren Beruf ergreifen wollen?

GP: Unbedingt ausprobieren! Praktika machen, zum Beispiel in Bauunternehmen, Zimmereien oder kleinen Architekturbüros. Nicht unbedingt beim Statiker, das ist zu einseitig. Und man sollte sich auch keine zu spezielle Ausbildungsstätte suchen, sonst engt man sich von Anfang an zu sehr ein. Bauämter bilden übrigens auch aus, das kann ganz spannend sein. Man muss sich nur klar sein, dass man als angestellter Bauzeichner kaum eine Familie ernähren kann. Bezahlt wird man dann nach Gehaltstufe 5 oder 6, das ist nicht viel. Da sollte man schon den Techniker machen. Oder eben selbständig sein, dann ist das etwas ganz anderes. Man kann das auch verbinden, ich arbeite ja nebenbei auch immer noch für Architekturbüros – dann hat man das Beste von beidem.

Einen praktischen Rat hätte ich auch: Ich habe damals gelernt, mit der linken Hand die Maus zu führen und mit der rechten die Zahlen einzugeben. Dadurch bin ich natürlich viel schneller, als wenn ich alles mit rechts machen würde. Ich habe versucht, das meinen Auszubildenden beizubringen, aber es hat nicht geklappt, leider. Dabei ist es so ein großer Vorteil!

Liebe Frau Porthun, herzlichen Dank für das Gespräch!