Was hat sich bei der Zulassung geändert?

Seit 2020 können Wartesemester nicht mehr geltend gemacht werden, wenn es um die Zulassung zum Medizinstudium geht. Das Argument, dass sechs studienfreie Semester nichts an der Tatsache änderten, dass Bewerber:innen möglicherweise kein Mathematik oder Physik beherrschen und damit für das Medizinstudium ungeeignet seien, hat dabei sicher Überzeugungskraft – aber für den 1,0er-Schnitt, der die Zulassung noch immer erleichtert, müssen Bewerber:innen nicht nur in Mathe, Physik und Bio, sondern möglicherweise auch in Geschichte, Kunst oder Sport exzellent sein – nicht unbedingt entscheidende Basisqualifikationen für zukünftige Chirurg:innen.

Wie auch immer, Arzt ist ein in hohem Maße anspruchsvoller und komplexer Beruf, und es ist gewiss richtig, die Hürde für die Zulassung zum Studium gleich so zu gestalten, dass nur die qualifiziertesten unter den Bewerber:innen das anstrengende Studium überhaupt beginnen können.

Was hat sich gegenüber dem „alten“ Verfahren also geändert, und wie sieht die Bewerbung um einen Studienplatz in Medizin heute aus?

Schritt 1: Der Test

Zunächst einmal verlangen nahezu alle Unis die Teilnahme an einem speziellen Test, dessen Ergebnis mit bis zu 60 von 100 Punkten in das Vergabeprocedere eingeht. Der allererste Schritt für den künftigen Mediziner ist also der, herauszufinden, welchen Test die Wunsch-Uni verlangt. Da die geforderten Tests unbedingt vor Ende der Bewerbungsfrist auf Hochschulstart.de absolviert sein müssen, ist es sehr wichtig, sich frühzeitig zu informieren, welcher Test gefordert ist, sich anzumelden und so gut wie möglich vorzubereiten – denn das Testergebnis kann im Vergabeverfahren entscheidende Punkte bringen!

Der gängigste und weithin anerkannte ist der Test für Medizinische Studiengänge (TMS), aber es gibt auch noch den sogenannten HAM-Nat, den unter anderem die Uni Hamburg  verlangt. Hier wird der HAM-Nat noch um den HAM-SJT bei Human- und Zahnmedizin und den HAM-MRT bei Zahnmedizin ergänzt.

Anmeldeschluss für den ZMS ist in jedem Jahr der 15. Januar, durchgeführt wird er an fast 100 Standorten in ganz Deutschland im Mai (Genaueres unter tms-info.org). Anmeldeschluss für den HAM-Nat (und bei Bedarf -SJT, -MRT) ist normalerweise gleichfalls der 15. Januar, die Durchführung erfolgt aber schon etwas früher, nämlich im März und zwar in Greifswald, Hamburg und Magdeburg (siehe hierzu auswahltestzentrale.de).

Der TMS kostet 83 €, der HAM-Nat (-SJT, -MRT) ist gebührenfrei.

Schritt 2: Anmeldung auf hochschulstart.de

Ist der Test absolviert, folgt die Anmeldung auf hochschulstart.de. Hier wird seit der Änderung des Vergabeverfahrens ein neues Portal genutzt, nämlich das „Bewerbungsportal für das Dialogorientierte Serviceverfahren (DoSV)“ für die Fächer Medizin und Pharmazie.

Bisher konnte man sich nur für ein Fach bewerben – entweder Human-, Tier-, Zahnmedizin oder Pharmazie. Diese Festlegung ist abgeschafft, Bewerber:innen können nun verschiedene Fächer angeben, die alle im Rahmen des DoSV vergeben werden. Wichtig: Wer verschiedene Fächer angibt, sollte sich die Priorisierung gut überlegen! Zwar erhöht man so vielleicht die Chancen auf einen Studienplatz, aber wer von der Arbeit als Hirnchirurg träumt, ist als Pharmazeut in einem Chemiekonzern später vielleicht nicht so gut aufgehoben.

Zu jedem Wunsch-Fach kann eine Wunsch-Uni angegeben werden. Auch hier gilt: Sorgfalt bei der Aufstellung! Je weniger Unis man angibt und je beliebter diese sind, desto geringer sind die Chancen bei der Platzvergabe. Je flexibler man wiederum bei der Wahl des Studienortes ist, desto höher die Chance, dass man überhaupt einen Platz abbekommt.

Verlangt werden dann noch weitere detaillierte Angaben zur Person des/der Bewerberber:in, zur Hochschulzugangsberechtigung und möglicherweise vorhandener Berufsausbildung und -erfahrung. Natürlich werden hier auch die Ergebnisse im TMS und / oder anderer Tests abgefragt. Auch Freiwilligendienste, Ehrenämter oder Preise bei relevanten Wettbewerben können und sollten hier vermerkt werden.

Die Bewerbungen bei hochschulstart.de müssen für das Sommersemester bis zum 15. Januar eingegangen sein, für das Wintersemester ist der 15. Juli der übliche Termin.
(Achtung: für Menschen, die ihr Abitur schon letztes oder vorletztes Jahr gemacht haben, gelten die gleichen Bedingungen, aber andere, nämlich frühere, Termine für die Anmeldung!!)

Schritt 3: Ab zur Post

Der Online-Antrag allein genügt nicht. Gefordert wird ein unterschriebener Ausdruck des Antrags samt beglaubigter Kopie des Abiturzeugnisses, der per Post an hochschulstart.de zu senden ist. Häufig werden noch weitere Nachweise verlangt – unbedingt genau lesen und einhalten! Ein Nachreichen fehlender Unterlagen ist oft nicht möglich. Die Unterlagen müssen für das Wintersemester 2021/22 am 31. Juli, 24 Uhr bei hochschulstart.de eingegangen sein. Wichtig: Entscheidend ist, wann der Antrag bei hochschulstart ankommt – nicht der Poststempel!! Wer deshalb das Ganze lieber persönlich in den richtigen Briefschlitz wirft, muss deshalb kurz mal nach Dortmund fahren (hochschulstart.de, Sonnenstraße 171, 44137 Dortmund).

Schritt 4: Abwarten

Nun beginnt die Vergabe der Studienplätze, die etwas anders als bisher erfolgt. Zuallererst werden die Plätze für die Abiturbestenquote vergeben, und zwar sind as jetzt 30 im Vergleich zu früher 20%. Auch der Ausgleich zwischen den Bundesländern erfolgt auf andere Weise als bisher. Insbesondere kommt es künftig auf die genaue Punktzahl im Abitur an, nicht nur auf die Kommanote. Wenn zwischen mehreren aus einem Bundesland mit gleicher Punktzahl eine Wahl getroffen werden muss, werden Bewerber mit einem abgeleisteten Dienst bevorzugt. Wenn dieses Kriterium nicht ausreicht, wird gelost. Die Wartesemester werden nicht mehr berücksichtigt.

Als zweites werden weitere 10 % der Plätze über die neue Zusätzliche Eignungsquote (ZEQ) vergeben.

Hier wird aus der Bewerbung eine Punktzahl ermittelt, die über die Chancen in diesem Feld entscheidet. Das Besondere: Die Abinote spielt überhaupt keine Rolle. Einen großen Anteil macht zumeist das Ergebnis des jeweiligen Eignungstests aus, aber in diesem Feld zählen auch ganz bestimmte Eignungskriterien wie abgeschlossene Ausbildungen und Tätigkeiten im verwandten Bereich, abgeleistete Dienste oder für Preise z.B. bei Jugend forscht (Bundesebene) oder bei der Qualifikation zur internationalen Ebene der Biologie-/Chemie-/Informatik-/Mathematik-/Physik-Olympiade. Bis Ende 2021 gibt es bei der Eignungsquote auch noch einen Teil der möglichen Punkte durch Wartesemester (2020 45%, 2021 immer noch 30%; wobei höchstens 15 Wartesemester zählen). Das bedeutet, dass man ohne (oder mit geringer) Wartezeit erst 2022 eine Chance über die ZEQ haben kann.

Wie viele Punkte es für welches Kriterium geben kann, ist von Uni zu Uni unterschiedlich. Auch deshalb ist es wichtig, sich vorab Gedanken über den Wunschort zu machen und sich vielleicht auch darüber zu informieren, wo das FSJ oder die Bundesrunde besonders viele Punkte bringen – und nicht ausgerechnet die Uni auszuwählen, für eine abgeschlossene Ausbildung als Sanitäterin nur 2 oder 3 Punkte vergibt.

Weitere 60% der Plätze stehen im Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH) zur Verteilung. Auch hier kann jede Uni selbst entscheiden, wie viele Punkte sie welchem Kriterium einräumt. Die Unis sind angehalten, weitere Kriterien außer der Abinote zu berücksichtigen; in der Regel sieht die Anteilsverteilung in etwa so aus:

  • Abinote (je nach Hochschule max. zw. 20 und 60 Punkten)
  • TMS oder HAM-Nat und andere Tests ( max. zw. 10 und 60 Punkten)
  • anerkannte Ausbildung (0 bis 30 Punkte)
  • anerkannte Berufstätigkeit (meist 0, selten 10 Punkte)
  • anerkannter Dienst (gelegentlich 0, meist einstellig, bis zu 20 Punkte)
  • anerkannter Preis (meist 0, höchstens 7 Punkte)

Hier zeigt sich auch, wie sinnvoll es ist, sich vorab genau zu informieren, welche Uni wofür wie viele Punkte vergibt. Eine gute, noch nicht ganz vollständige Übersicht findet sich auf https://www.studis-online.de/Studiengaenge/Medizin/NC. Genaue und aktuelle Informationen sind natürlich den Homepages der jeweiligen Unis zu entnehmen.

Grundsätzlich ist gerade im Medizinstudium zur Offenheit hinsichtlich des Studienortes zu raten. Oft gilt: je kleiner und weniger prominent die Uni, desto besser das Betreuungsverhältnis von Prof zu Studi, desto weniger überlaufen die Veranstaltungen, desto größer die Chance, bereits früh im Studium wichtige und richtungweisende Erfahrungen zu sammeln. Ein guter Name und ein prominenter Dozent bedeuten nicht für jeden die optimale Basis für ein erfolgreiches und zufriedenstellendes Studium.