Günter Klingbeil ist Bootsbauer und führt in Glücksstadt an der Elbe ein Geschäft für Bootszubehör. Im Interview mit Henrike Walter erzählt er, warum er die Ausbildung zu Bootsbauer auch heute noch jedem jungen Menschen empfehlen würde, der handwerklich interessiert ist und Lust auf immer neue Aufgaben hat.

Herr Klingbeil, was ist das Tolle am Bootsbau?

Es ist ein unheimlich vielseitiger Beruf. Man hat mit ganz vielen unterschiedlichen Materialien zu tun, muss viel können und kann als Bootsbauer in allen möglichen Branchen unterkommen.

Zum Beispiel?

Fast überall im Bereich Schifffahrt, natürlich, aber auch beim Messebau oder in der Zimmerei.

Das sind ja wirklich ziemlich unterschiedliche Felder. Wieso bietet der Bootsbau so viele Perspektiven?

Weil man mit sehr unterschiedlichen Materialien zu arbeiten lernt. Früher war natürlich vieles aus Holz, aber zunehmend sind Kunststoffe dazu gekommen, auch Aluminium und andere Metalle und heute natürlich Kohlefaser. Und die Aufgaben sind sehr komplex, man muss ja so ein Boot immer als Ganzes denken, und manchmal tun sich Schwierigkeiten auf, mit denen man nicht gerechnet hat. Dann muss man improvisieren und trotzdem sehr genau arbeiten.

Lernt man das in der Ausbildung?

Ein großer Teil der Ausbildung ist die Materialkunde, das ist wichtig. Rechnen muss man natürlich auch können, und bestimmte Dinge zu berechnen, das lernt ein Bootsbauer auch. Etwas Besonderes ist vielleicht noch die Abwicklung, das heißt, ich muss einen runden Bootskörper flach zeichnen können und mit der Zeichnung dann arbeiten. Da kann ich nicht einfach ein Rechteck draus machen, wenn ich einen gewölbten Körper abbilden will.

Klingt anspruchsvoll…

Ach, wenn man mit Herzblut daran geht, dann fällt einem das eigentlich nicht schwer.

Herzblut ist wahrscheinlich etwas, was man für den Beruf ohnehin mitbringen sollte, oder?

Ja, das haben auch die meisten. Fast alle, die den Bootsbau lernen, wollen erstmal Holzboote bauen, so richtig schöne, sauber gearbeitete Holzboote. Aber die brauchen eben auch wahnsinnig viel Pflege, und wenn man in seiner Freizeit dann eigentlich segeln will und nicht immer nur an dem Boot rumpuzzeln, dann ist man heute eben doch schnell beim Kunststoffboot. Holzboote sind eben immer eher was für Liebhaber, die da gern ihre ganze Freizeit reinstecken.

Sie haben sich ja vom reinen Bootsbau in Richtung Einzelhandel orientiert…

Ja, das hat sich so ergeben. Anfangs war das so ein Nebengeschäft, aber es hat immer mehr Raum eingenommen, und jetzt macht es ungefähr 80 Prozent meiner Arbeit aus. Aber ich kann das gut verbinden, die Kunden entsprechend beraten oder beim Einbau auch mal mitanfassen. Das macht ja auch Spaß. Die meisten Kunden, oder zumindest viele, kenn ich ja schon länger, da helfe ich dann gern, Probleme zu lösen oder nach guten Lösungen zu suchen, wenn es auf den ersten Blick keine gibt.

Man hat schon den Eindruck, dass es ein sehr schöner Beruf ist…

Das ist er auch, eben wegen der Vielseitigkeit und weil immer mal wieder was Neues kommt. Und er bietet sich an als sehr gute handwerkliche Basis, egal wo man schließlich hinwill.

Wo kann man denn eigentlich eine Ausbildung zum Bootsbauer machen?

Bei allen großen Werften, eigentlich. Es gibt auch ein paar kleinere, die ausbilden, da muss man dann mal anfragen. Hier in Glücksstadt gibt es zum Beispiel die Yachtwerft, das ist eine große, sehr moderne Werft mit ganz modernem Winterlager, die bilden aus, das ist sicher eine gute Adresse, wenn man so auf dem neuesten Stand sein will. In Wedel gibt es auch eine Werft, eine kleine, ganz klassische, die Jensen-Werft. Die sind natürlich anders aufgestellt, aber wenn man so in den klassischen Bootsbau reingucken möchte, dann bekommt man da einen sehr guten Eindruck. Die machen wirklich alles, vom Bootsbau über Reparatur und Pflege, da kann man auch mit jedem Boot und jedem Problem hin.

Man muss eben schauen, was man will, in welcher Richtung man unterwegs ist. Einen guten Überblick bekommt man über den Deutschen Boots- und Schiffbauerverband, der alle Werften gelistet hat, die im Verband drin sind. Schiffbau, also Schiffe für die Berufsschifffahrt zu bauen, ist ja auch mehr die Sache der ganz großen Werften wie Bavaria oder Hanse, das hat dann schon viel mit Ingenieurwesen zu tun, aber da gehen dann eben auch ein paar Hundert Boote pro Jahr raus, das ist schon ein bisschen wie im Autobau.

Wie lange dauert die Ausbildung?

Drei Jahre.

Welche Art Werft würden Sie denn für Ausbildung empfehlen?

Das kommt ganz drauf an, was man will, ob klassisch Bootsbau oder modernen Schiffbau im großen Stil. Und es ist ja auch nicht sicher, dass man immer was bekommt, das hängt auch immer sehr von der Auftragslage ab. Wenn die gut ist, werden Lehrlinge gern genommen, aber wenn es mal mau ist, kann man sich nicht auch noch damit belasten.

Gibt es besondere Herausforderungen?

Naja, es kann manchmal stressig werden, wenn im April schönes Wetter kommt und alle auf einmal ihr Boot fertig haben wollen. Ist ja auch klar, dass man dann nicht mehr warten will, sondern raus aufs Wasser, aber für die Bootsbauer kann es dann schon ein bisschen stressig werden, wenn die Planung eigentlich anders war. Aber verstehen kann man die Leute.

Vielen Dank für das Gespräch! Alles Gute – und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel!