Der Weg ins Lehramt

Wer sich entschieden hat, sein berufliches Leben der Bildung von Heranwachsenden zu widmen, der oder die steht mit dieser Entscheidung erst am Anfang einer Reihe weiterer Herausforderungen. Wen, welche Altersgruppe und damit verbunden welche Inhalte möchte ich unterrichten?

Verschiedene Schulformen: Grundschule, Gemeinschaftsschule oder Gymnasium?

Wem eher junge Kinder, ein spielerischer Zugang und die besondere Herausforderung u.U. sehr heterogener Lerngruppen liegt, der oder die könnte sich gut im Grundschullehramt wiederfinden. Hier ist die Persönlichkeit und die emotionale Bindung der Kinder an die Lehrperson enorm wichtig, und wer nicht die Bereitschaft mitbringt, sich lange und detaillierte Erzählungen vom Wochenendausflug in den Hansapark aufmerksam anzuhören, bevor er oder sie mit der Einführung des nächsten Buchstabens beginnt, der oder die, sollte sich gut überlegen, ob er oder sie sich dieser Lerngruppe stellen möchte.

Wer sich hingegen inhaltlich für mindestens zwei Schulfächer begeistert und sich mit der Aufgabe identifizieren kann, junge Menschen unterschiedlichen Alters zum Beispiel für die Geheimnisse der Biologie oder die spanischsprachige Welt zu gewinnen, wer auch mal in die Tiefe gehen und sich zusammen mit seinen Schüler:innen unter Umständen auf richtig hohem Niveau bewegen möchte, der oder die entscheidet sich vermutlich für das Lehramt am Gymnasium, was die Oberstufe und damit die Vorbereitung und die Durchführung des Abiturs einschließt.

Lehramtsstudium – auf die Kulturhoheit der Bundesländer achten

Und wen das Mittelding reizt – Schüler:innen der Unter- und Mittelstufe pädagogisch und fachlich zu begleiten, zu fördern und zu unterstützen, schlägt vermutlich den Weg des Lehramts für Gesamt-, Gemeinschafts- oder Mittelschulen ein, die in jedem Bundesland inzwischen anders heißen. Da sich die Kulturhoheit der Länder auch in den Benennungen und der Ausrichtung der Studiengänge niederschlägt, ist bei der Wahl des Studienortes und entsprechend des Studiengangs Achtung geboten: Nicht alle Fächer sind an jeder Uni kombinierbar, schon gar nicht für jedes Lehramt, und unter Umständen variieren auch die Inhalte hinsichtlich der praktischen und formalen Anforderungen (z.B. Sprachtests oder –zertifikate). Das erschwert ggf. den Wechsel von einem Bundesland ins andere, zumal auch bei der Vergabe von Referendariatsplätzen grundsätzlich Landeskinder bevorzugt werden.

Praktika, Sprachzertifikat, Referendariat? Was braucht man denn eigentlich alles, um Lehrer:in zu werden?

Grundsätzlich gilt: kein Lehramtsstudium ohne Hochschulzulassungsberechtigung, also Abitur. Wer das erfolgreich bestanden hat, sich über Fächerkombi und Studiengang im Klaren ist und sogar den Traumstudienort schon weiß, der muss sich unbedingt informieren, welche Ansprüche die Universität noch stellt. Inzwischen verlangen viele Unis – aus gutem Grund – ein Praktikum VOR Aufnahme des Studiums. In musischen und künstlerischen Fächern ist oft ein Vorspiel oder die Abgabe einer Mappe gefordert, für das Fach Sport gibt es vielerorts eine Eingangsprüfung. Sinnvollerweise kümmert man sich rechtzeitig, also noch während des letzten Schuljahres, um solche Belange, wenn ein Studienbeginn gleich im Anschluss an die Schullaufbahn gewünscht ist.

Fachkompetenz gepaart mit Großzügigkeit, Einfühlungsvermögen und Humor

Wer die erste Hürde geschafft hat und an seiner Wunschuni angenommen ist, den erwarten im Regelfalle sechs Semester Bachelorstudium, auf die notwendig vier weitere Semester bis zum Master bzw. bis zum 1. Staatsexamen folgen. In allen Phasen des Studiums können Praktika in unterschiedlichsten Bereichen gefordert werden, und das ist durchaus sehr sinnvoll – denn obwohl jeder meint, den Beruf zu kennen und genau zu wissen, was die Lehrer:innen da vorne so machen ist der Seitenwechsel von der Schüler:innenfront hinter das Pult zuweilen mehr als nur erhellend. Auch wer noch so sehr für sein Fach brennt, mag an der Aufgabe scheitern, pubertierenden Vierzehnjährigen die binomischen Zauberformeln zu erklären – und wenn dann zumal noch Lisbeth gerade mit Ali Schluss gemacht und sich mit Günther neu verbandelt hat, dann reicht die Strahlkraft der Mathematik eben oft nicht mehr allzu weit. Solche Erlebnisse helfen zu verstehen, was gute Lehrkräfte von Schlechten unterscheidet: Neben der Flexibilität, die nur wirklich solide Fachkompetenz mit sich bringt, ist es vor allem die grundsätzliche Zuneigung zu Kindern und Jugendlichen, die man da heranbilden will – gepaart mit Großzügigkeit, Einfühlungsvermögen und einer großen Portion Humor.

Referendariat und zweites Staatsexamen

Auf das Studium folgt das Referendariat, in den meisten Fällen anderthalb anstrengende Jahre, in denen zumeist entweder das Auto oder die eigene Beziehung den Geist aufgibt (manchmal auch beides). Das Referendariat bedeutet Dienst an der Schule mit relativ geringer Stundenzahl und unter fast ständiger Beobachtung (und ja, auch Bewertung, wir sind ja schließlich in der Schule). Es setzt sich zusammen aus eigenständigem Unterricht, angeleitetem Unterricht (mit Mentor:innen) sowie Unterrichtsbesuchen, in denen man sich anschaut, wie die alten Hasen oder die ambitionierten Mitreferendar:innen die Sache meistern. Dazu gibt es Theorie, üblicherweise an einem Tag pro Woche, nach Fächern aufgeteilt und um das Fach Pädagogik ergänzt.

Das Referendariat ist also vor allem eines: permanenter Austausch und viel, viel Kritik. Wenn es gut läuft, ist letztere überwiegend konstruktiv und hilft den Berufsanfänger:innen wirklich auf die Sprünge – sie lernen, Stunden so zu planen, dass Zeitmanagement und inhaltlicher Anspruch harmonieren, die Arbeitsgruppen nicht zu groß und nicht zu heterogen werden, abwechslungsreiche Methoden zur Gruppenbildung und wie man ein schwieriges Elterngespräch führt. Am Ende des Ganzen steht eine weitere umfangreiche schriftliche Arbeit und ein Prüfungstag: das 2. Staatsexamen. Wer das ordentlich hinbekommt hat normalerweise gute Chancen, von der ausbildenden Schule übernommen zu werden – in den meisten Bundesländern immer noch ins Beamt:innenverhältnis auf Probe, das nach einer Art Bewährungsfrist (die Dauer richtet sich nach der Examensnote) und einer erneuten Beurteilung durch die Schulleitung in das Arbeitsverhältnis auf Lebenszeit umgewandelt werden kann.

Wie wird man also Lehrer:in? Fünf Jahre Studium + anderthalb Jahre Referendariat und schwupps, ist man am Ziel.

Und weil keine Regel ohne Ausnahme gültig ist, hier noch ein Tipp: Es geht sogar ohne Abitur – in unserem Lehrer-Ratgeber finden Sie mehr dazu. Kaufen Sie unsere E-Book für 6,95€ bei Amazon.