• Die Gesundheitsbranche ist der größte Arbeitgeber in Deutschland.
  • Pflegeberufe werden immer wichtiger, denn insbesondere die Zahl hochbetagter Menschen steigt.
  • Innerhalb der Pflege existieren zahlreiche Berufsbilder mit interessanten Karrieremöglichkeiten in der praktischen Pflege und im Management, in der Beratung, an Schulen und in der Wissenschaft.
  • Von der klassischen Berufsausbildung bis zum (Dualen) Studium führen viele Wege in den Beruf.
  • Altenpfleger verdienen im erste Lehrjahr etwa 980 Euro und über 1100 Euro im dritten Jahr.

Gut gepflegt?

Jedes Jahr am 21. September ist Weltalzheimertag. Überall, nicht nur in Deutschland, finden an diesem Tag Veranstaltungen statt, die über das Leben mit Alzheimer oder mit Alzheimerpatienten aufklären, beraten, die Betroffenen unterstützen wollen: Vom Vortrag „Was macht die Butter im Kleiderschrank?“ über Filmvorführungen wie „Vergiss mein nicht“ und das „Verwöhnfrühstück für pflegende Angehörige“ bis zum „Tag der offenen Tür“ in diversen Betreuungseinrichtungen bieten Organisationen und Träger alles an, was Betroffene interessieren oder ihnen guttun könnte.

Betroffene?

In Deutschland leiden zurzeit ca. 1,2 Millionen Menschen an der Alzheimerkrankheit, ca. 70 % von ihnen werden zu Hause durch Angehörige gepflegt. Weitere ca. 600 000 Menschen in Deutschland, die über 65 Jahre alt sind, leiden an einer Demenz anderen Ursprungs und sind deshalb betreuungs- und pflegebedürftig; hinzu kommen all diejenigen, die aus anderen Gründen Hilfe bei der Verrichtung alltäglicher Bedürfnisse benötigen. Dazu bedarf es kompetenter Menschen, die medizinische und pflegerische Kenntnisse besitzen – und die Bereitschaft, sich um Hilfsbedürftige zu kümmern. Doch obwohl jeder Mensch damit rechnen muss, eines Tages in die Situation der Hilfs- und Pflegebedürftigkeit zu kommen, sind sowohl die Bereitschaft als auch die gesellschaftliche Anerkennung pflegerischer Berufe nach wie vor gering. Das liegt auch daran, dass hauptsächlich Vorurteile das öffentliche Berufsbild bestimmen: Eng getaktete Dienstpläne, harte körperliche Arbeit, schlechte Bezahlung und die Übernahme körperlicher Verrichtungen an Fremden – das schreckt zunächst ab.

Anstrengender Arbeitsalltag bei einem ambulanten Pflegedienst

„Es stimmt auch alles“, sagt Maja, die seit acht Jahren als Alten- und Krankenpflegerin für einen ambulanten Pflegedienst unterwegs ist, „aber den meisten ist nicht klar, was es trotz allem für ein schöner Beruf ist.“ Ihre Patienten sind ausnahmslos alte Menschen, die sie je nach „Pflegegrad“ (seit 1.1.2017 hat dieser die „Pflegestufe“ abgelöst) ein- oder zweimal täglich besucht. „Natürlich ist die körperliche Arbeit hart, wenn man die Leute aus dem Bett heben muss oder so. Aber sie werden einem ja auch ganz schnell vertraut, für die meisten bin ich so eine Art Ersatztochter.“ Selbst in den knapp bemessenen zwanzig Minuten, die pro Patient vorgesehen sind, kann Maja mit ihren „Pfleglingen“, wie sie sie nennt, sprechen, und „das muntert die auch total auf“. Manchmal zeigt sie ihnen Fotos von Ausflügen mit ihrem kleinen Sohn, der auch schon manchmal auf eine Tour mitkommt, denn Maja ist alleinerziehend. Aber das geht in diesem Beruf ganz gut, sagt sie, denn mit ihrer Chefin kann sie genau absprechen, welche Schichten sie übernimmt, und ist dann auch zuverlässig gleich nach Schichtende wieder zu Hause. „Das ist ja nicht wie im Büro“, sagt Maja und grinst, wenn sie an ihre Freundin denkt, die Assistentin in einer Agentur geworden ist, „da muss man eben länger bleiben, wenn grad viel Arbeit ist.“ Wochenend- und Nachtdienste übernimmt sie auch, immer dann, wenn ihr Sohn bei seinem Vater ist. Das lässt sich in ihrem Team gut absprechen.

Die Planbarkeit ihrer Einsätze ist für Maja ein großer Vorteil, ebenso die konstante Bezahlung. Als ausgebildete Pflegekraft verdient sie bei dem privaten Pflegedienst „ganz gut“: 2400 € brutto für eine reguläre 40-Stunden-Woche. Ausschlaggebend für ihre Berufswahl war aber nicht das Gehalt. „Ich mag Menschen“, sagt Maja, „und alte Menschen brauchen doch Zuwendung. Wenn ich mal alt bin, möchte ich auch, dass sich jemand um mich kümmert, aber mein Sohn soll das nicht machen müssen.“

Pflege eröffnet viele Aufstiegschancen

Deswegen ist sie in ihrer beruflichen Laufbahn auch noch lange nicht am Ziel: Die aktive Pflege will sie noch ein, zwei Jahre weitermachen und dann eine Zusatzausbildung beginnen. In der Abendschule wird sie ihr Fachabitur nachholen, und dann möchte sie entweder Berufsschullehramt studieren, um ihrerseits junge Menschen im Pflegeberuf auszubilden, oder sie erwirbt den Bachelor im Bereich Pflegemanagement. „Dann gründe ich einen eigenen Pflegedienst und kann alles so machen, wie ich es am besten finde.“ Denn Maja hat Erfahrung: Mit ihrem jetzigen Arbeitgeber ist sie sehr zufrieden, aber wenn die Arbeit im Team nicht gut klappt, der Arbeitgeber kein Verständnis, kein Interesse oder schlicht „keine Ahnung“ davon hat, was die Pflegerinnen und Pfleger leisten müssen, dann wird man schnell zwischen allen Fronten aufgerieben. Maja möchte eine Arbeitgeberin werden, die weiß, worum es geht. Mit qualifizierten, motivierten Kräften einen Dienst aufzubauen, in dem jeder seinen zeitlichen und persönlichen Möglichkeiten entsprechend eingesetzt wird und das Team sich gegenseitig unterstützt, das ist ihr Ziel – und so könne man auch die pflegerische Arbeit am besten leisten, statt nur dafür zu sorgen, dass die hilflosen Menschen „einigermaßen satt, sauber und trocken“ auf den nächsten Pflegerbesuch warten.

Großer Bedarf an Fachkräften

Erfolg ist ihr gewiss, denn der Bedarf ist gewaltig: Nach derzeitigen Schätzungen werden bis 2030 50 000 Fachkräfte im Bereich Pflege gebraucht werden, und zwar auf allen Ebenen – im unteren, mittleren wie auch im oberen Segment. Dem immensen Bedarf steht bislang eine eher schwache Bereitschaft gegenüber, gerade bei Jugendlichen und insbesondere bei den männlichen unter ihnen. Während der „Krankenpfleger“ oder auch die „Krankenpflegerin“ inzwischen einen durchaus besseren gesellschaftlichen Status genießt und auch besser bezahlt wird als noch vor einigen Jahren, sind die Alten- und Heilerziehungspfleger nach wie vor die Stiefkinder im öffentlichen Ansehen. Das ärgert Maja, aber sie ist sicher, dass es sich ändern wird: „Es gibt doch immer mehr Alte, die uns brauchen. Je mehr Menschen einsehen, dass sie ohne uns bestimmt nicht in Würde und gut versorgt alt werden, desto mehr Achtung werden sie vor dem bekommen, was wir tun.“ Eine Stimme in der Politik zu haben wäre toll, sagt sie, aber sie hat das Gefühl, dass keiner darüber reden mag, dass auch er – oder sie – vielleicht einmal nicht mehr allein zurechtkommt. „Dabei ist das bei manchen von unseren Politikern doch schon gar nicht mehr so lange hin.“

Abitur und Pflege?

Dem wachsenden Bedarf tragen auch Bildungseinrichtungen Rechnung, die zunehmend innovative Konzepte zur Ausbildung im Pflegebereich entwickeln. Die klassische Pflegeausbildung befindet sich zurzeit im Umbruch; geplant ist, die noch getrennten Ausbildungswege Krankenpflege, Altenpflege und Heilerziehungspflege in den ersten zwei Jahren zusammenzulegen und erst im dritten Jahr eine Festlegung auf einen bestimmten Bereich vorzusehen, vergleichbar dem Facharztprinzip im Medizinstudium. Alternativ bietet z. B. ein Bildungszentrum in Schleswig-Holstein bereits einen vierjährigen doppelt qualifizierenden Bildungsgang an, im Rahmen dessen Schüler mit mittlerem Bildungsabschluss das Abitur und einen beruflichen Abschluss als Pflegeassistent/-in  erwerben können (www.bbzmoelln.de/home/download/21-BG-DQB-Pflegeassistenz.pdf).

Daran anschließend kann an mehreren Hochschulen, z. B. in Hamburg und Berlin, ein Bachelor im Pflegemanagement erworben werden, ein dreijähriger Studiengang, der für den mittleren und gehobenen Aufgabenbereich qualifiziert (eine Liste der Hochschulen, an denen dies möglich ist, findet man hier: https://www.pflegestudium.de/studiengaenge/pflegemanagement). Dabei setzt sich das Pflegemanagement-Studium in der Regel aus einem zweisemestrigen Grund- und dem darauf aufbauenden Hauptstudium zusammen. Hier werden zuerst grundlegende und später zunehmend spezialisierte Inhalte behandelt. Die Studierenden können oft aus verschiedenen Vertiefungsmodulen wählen und so individuelle Schwerpunkte setzen. In den höheren Semestern stehen außerdem praktische Veranstaltungen auf dem Stundenplan. Dazu gehören zum Beispiel Projektarbeiten, Praktika oder sogar ganze praktische Studiensemester. Diese dienen in erster Linie dazu, dass die Studierenden das theoretisch Erlernte in der Praxis anwenden und festigen können.

Pflegemanagement: Ein Studium mit Perspektiven

Die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Bachelorstudiums in Pflegemanagement können je nach Hochschule variieren; in der Regel müssen die Bewerber aber mindestens das Abitur bzw. die Fachhochschulreife oder einen gleichwertigen Schulabschluss sowie praktische Erfahrung aus dem pflegerischen Bereich mitbringen. Je nach Institut kann damit entweder eine Berufsausbildung, aber auch ein längeres Praktikum gemeint sein.

Um auch Menschen ohne höheren Schulabschluss den Zugang zum Pflegemanagement-Studium zu ermöglichen, lassen viele Hochschulen auch Bewerber zu, die sich allein durch ihre beruflichen und nicht ihre schulischen Leistungen qualifizieren (https://www.pflegestudium.de/Pflegestudium ohne Abiturohne Abitur). Diese müssen dann neben einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung noch einige Jahre Berufserfahrung oder die erfolgreiche Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung nachweisen.

Die Berufsaussichten sind in jedem Bereich der „Pflege“ hervorragend, es gibt zurzeit kaum arbeitslose Pflegekräfte in Deutschland. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig: Vom ambulanten Pflegedienst über Kliniken und Altenheime bis hin zur Arbeit in Mehrgenerationeneinrichtungen, wie sie vorbildlich bereits in Holland und vereinzelt auch schon in Deutschland bestehen, bietet sich Menschen mit pflegerischer Qualifikation ein breites Tätigkeitsfeld.

Das Mehrgenerationenkonzept hat übrigens auch Maja überzeugt; sie möchte, wenn sie nicht Lehrerin wird oder sich nicht gleich selbstständig macht, später gern ein solches Projekt mitbetreuen. „Ich habe so viel von den alten Leuten gelernt“, sagt sie, „und ich habe gesehen, wie gern und wie liebevoll die sich um meinen Sohn kümmern, wenn er mal mit ist. Es ist doch toll, wenn man Alte und Junge so zusammenbringen kann, dass sie sich gegenseitig helfen können.“

Unterstützung brauchen schließlich alle.

 

“Ich möchte Theologie studieren und als Krankenhausseelsorger oder in der Palliativpflege arbeiten. Ich glaube, da kann man viel für die Menschen tun.”

Bennet (20), ist Pflegeassistent und macht dieses jahr Abitur.

“Ich gehe in der Fürsorge für alte Menschen und in deren Pflege auf und will auch nach dem Abitur in diesem Bereich weiterarbeiten. Dabei möchte ich mich weiter spezialisieren und eine Zusatzqualifikation als „Wundmanagerin“ erwerben.”

Sandra (19 Jahre), ist der „Altenpflegetyp“.

“Ich weiß schon seit langem, dass ich Ärztin werden möchte – aber keine „Fachidiotin. Wenn man eine Ausbildung in der Pflege hat, dann vergisst man als Arzt erst recht nicht, worum es eigentlich geht.“

Angelique (20 Jahre), hat sich entschieden, Abitur und Pflegeausbildung zu verbinden.

“In der Pflege lernt man viel über den Umgang mit Menschen – und mit sich selbst. Dabei will ich junge Menschen gern unterstützen.”

Florim (21 Jahre), möchte Berufsschullehrer im Gesundheitsbereich werden.

“Ich werde Berufsschullehrer mit dem Schwerpunkt Gesundheit. Vor dem Studium habe ich eine  Ausbildung zum Intensivpfleger gemacht, eine großartige Arbeit, aber immer Schichtdienst und schlechte Bezahlung – das ist auf Dauer keine Perspektive.”

Tobias (25 Jahre), ist Student im Kernpraktikum.