Interview mit einer wissenschaftlichen Archivarin. Was macht eigentlich ein Archivar? Wir verläuft die Ausbildung? Wie verläuft ein Arbeitstag? Was zeichnet diesen Beruf aus?

 

Geschlecht: weiblich
Arbeitet als: wiss. Archivarin
Alter: 51 Jahre

 

1. Was macht ein Archivar?

– Berät Behörden, juristische Personen öffentlichen Rechts, wissenschaftliche Einrichtungen und Privatpersonen bei der Organisation ihres Schriftgutes ( in Gestalt von Akten, audiovisuellen Medien und maschinenlesbaren Daten)

– Bewertet und übernimmt das nicht mehr für Verwaltungszwecke benötigte oder von Künstlern bzw. Personen der Zeitgeschichte  hinterlassene Schriftgut (Nachlässe)in das Archiv – es wird in diesem Prozess zu Archivgut

– Ordnet und verzeichnet das Archivgut mittels der Angaben (auch Metadaten genannt): Herkunft, (Akten)Titel, Laufzeit, fortlaufende Nr. und ggfls einen Enthält-Vermerk (weiterführende Inhaltsangaben).

– Plant und trifft Maßnahmen zum dauerhaften Schutz des Archivgutes vor Verlust und Schädigung

 – Berät die Benutzer des Archivs, welches Archivgut für ihre Zwecke (wissenschaftlich, genealogisch, persönlich etc.) genutzt werden sollte

– Stellt das Archiv und seine Tätigkeit in der Öffentlichkeit vor (z. B. Pressearbeit, Tage der offenen Tür, bundesweiter Tag der Archive, Nutzerkonferenzen, Archivführungen)

 

2. Wann wussten Sie, dass Sie einmal diesen Beruf ergreifen würden?

– Während des Abiturs

 

3. Wie verlief die Ausbildung?

Wiss. Archivar (Voraussetzung – Abitur):

– Studium der Geschichte und Archivwissenschaft (bis 1996)

– Master-Studium Archivwissenschaft an der FH Potsdam

– Studium Geschichte (Master oder gleichwertig) mit anschließender zweijähriger an der Archivschule Marburg

Fachschularchivar (Voraussetzung – Abitur)

– Bachelor-Studiengang an der FH Potsdam

– Verwaltungsinterne dreijährige Ausbildung

Fachangestellter für Medien und Informationsdienste – Fachrichtung Archiv (Voraussetzung – MSA)

– Dreijährige duale Ausbildung z. B. am Oberstufenzentrum für Bürowirtschaft und Verwaltung „Louise Schröder“ in Berlin

 

4. Welche Inhalte oder Themen haben Ihnen in der Ausbildung, vorher in Schule und Freizeit und jetzt im Beruf besonders viel Spaß gemacht?

  • Schule/Freizeit:
    • Fächer Deutsch, Geschichte und Mathematik
    • Literatur und Sport
  • Ausbildung:
    •  Geschichte und Historische Hilfswissenschaften
  • Beruf:
    • Beratung der Behörden und der Archivbenutzer
    • Ordnung und Verzeichnung des Archivgutes
    • konzeptionelle und Projektarbeit z. B. Onlinepräsentation der Metadaten zum Archivgut

5. Wo arbeiten Sie momentan?

– Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR

6. Wie verläuft ein typischer Arbeitstag?

– Beantwortung dienstlicher E-Mails

– Teilnahme an Beratungen (Vor- und Nachbereitung der Themen) 

– Controlling der Arbeitsaufgaben (Arbeitsstand ermitteln, mit Plankennziffern vergleichen, Maßnahmen zur Optimierung der Arbeitsergebnisse einleiten und Qualitätsmanagement der Arbeitsergebnisse)

– Anleitung von Mitarbeitern/-innen sowie Ausbildung von Praktikanten und Einarbeitung neuer Mitarbeitern/-innen 

– Bearbeitung schwieriger Einzelfälle (Ordnung und Verzeichnung von Archivgut aber vor allen Online-Präsentation von Metadaten zu den Archivalien)

 

7. Gibt es Routine in Ihrem Beruf? Wenn ja, worin besteht sie?

– Der archivarische Aufgabenkatalog ist definiert, das in der Ausbildung vermittelte Fachwissen sollte aber durch Fortbildungen ständig aufgefrischt werden 

– Die konkreten Anforderungen sind vielfältigen Veränderungen unterworfen, so dass Flexibilität und Kreativität gefragt sind

8. Wie viel Zeit verbringen Sie mit welchen Tätigkeiten?

  • Am Schreibtisch/PC: zwischen 40% bis 90% (3 bis 7 h)
  • Am Telefon: zwischen 30 min und 1 h
  • Unterwegs: 30 min
  • Mit anderen Menschen: 2 bis 4 h
  • Mit Vorbereitung/Recherche/Literatur: 1 bis 3 h

 

9. Was ist besonders toll an Ihrem Beruf?

  • Beschäftigung mit Geschichte
  • Vermittlung von Wissen
  • Kommunikation

 

10. Was gefällt Ihnen nicht so gut?

  • Er ist relativ unbekannt

 

11. Was würden Sie anderen Menschen raten, die Ihren Beruf ergreifen wollen?

  • Sie sollten Interesse für Geschichte haben
  • Sie sollten über ein hohes Maß an Selbstorganisation verfügen
  • Sie sollten unbedingt kommunikativ sein
  • Sie sollten auch vor großen Aufgabenmengen und gleichbleibenden Aufgaben nicht kapitulieren