Berufsfelder für Jurist:innen

Was macht eigentlich ein:e Jurist:in?

Nein, Jurist:innen sind nicht nur die, die in schwarzer Robe im Gerichtssaal herumlaufen (oder sitzen) und entweder Anklage, Verteidigung oder Richterspruch vertreten müssen. Das Spektrum an beruflichen Tätigkeitsfeldern ist breit und bunt; je nach Interessenlage kann das Wissen über das Recht in verschiedensten Branchen angewendet werden. Wir stellen eine Auswahl der Berufsfelder vor, die erfolgreichen Jura- Absolvent:innen offenstehen:

Richter oder Richterin

Als Richter:in im öffentlichen Dienst arbeitet man für den Staat und ist in aller Regel verbeamtet. Richter:innen haben eine Vielzahl von Aufgaben zu erfüllen: Sie führene den Vorsitz über die Verhandlunenn und fällen am Ende das Urteil; sie müssen Beschlüsse für Maßnahmen der Staatsanwaltschaft oder der Polizei erlassen, zum Beispiel wenn eine Telefonüberwachung beantragt wird, und sie müssen die ihr zugewiesenen Fallakten sorgfältig und aufmerksam bearbeiten. Richter:innen haben eine hohe Verantwortung, weshalb an dieses Amt und seine Bewerber:innen auch besondere Anforderungen gestellt werden: Natürlich muss ein Führungszeugnis ohne eingetragene Vorstrafen vorliegen, und es wird ein Prädikatsexamen verlangt. Das bedeutet: mindestens 9 von 18 möglichen Punkten im Staatsexamen.
Vor der Ernennung zur Richter:in auf Lebenszeit müssen die Anwärter:innen zudem eine Probezeit absolvieren. Die Länge der Probezeit variiert je nach Bundesland und liegt zwischen drei und fünf Jahren.

Staatsanwalt oder Staatsanwältin

Staatsanwält:innen vertreten in Gerichtsprozessen die Anklage, sofern es sich um einen Strafrechtsprozess handelt. Sie sind ebenso wie Richter:innen Teil der Justiz und damit ebenfalls im öffentlichen Dienst tätig.
Ihre Aufgabe ist es, vor Gericht das Gesetz zu vertreten und eine Forderung nach Strafe und Strafmaß oder Freispruch zu stellen. Dazu müssen sich die Staatsanwält:innen eine möglichst objektive Meinung über den Fall bilden.
Ihre Erkenntnisse halten sie in der sogenannten Fallakte fest. In Deutschland müssen zu Beginn des Prozesses möglichst alle relevanten Informationen vorliegen, weshalb Staatsanwält:innen auch die Ermittlungen leiten und richterliche Beschlüsse z. B. für Überwachungen, Hausdurchsuchungen etc. einholen müssen. Sie sind dafür verantwortlich, dass kein Mensch unbegründet vor Gericht gestellt und im Idealfall kein:e Straftäter:in aus Mangel an Beweisen freigesprochen wird.
Auch für den Dienst als Teil der Staatsanwaltschaft müssen die Bewerber:innen ein Prädikatsexamen vorweisen können. Sie dürfen keine Vorstrafen haben und müssen ebenso wie die Anwärter:innen auf das Richteramt eine Probezeit absolvieren. Auch hier liegt die Dauer der Probezeit je nach Bundesland zwischen drei und fünf Jahren.

Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin

Rechtsanwält:innen agieren unabhängig vom Staat und sind nur den Interessen ihrer Mandant:innen verpflichtet. Um diese vor Gericht erfolgreich vertreten zu können, müssen sie die entsprechenden Fälle vorab sorgfältig recherchieren und in den Akten bearbeiten. Während der Verhandlung versucht sie, das Urteil des Gerichts durch ihre Argumentation zugunsten ihrer Mandant:innen ausfallen zu lassen.
Bevor man als Rechtsanwält:in tätig werden darf, benötigt man eine Zulassung. Hierfür ist eine Anmeldung bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer erforderlich. Erst nach Erstellung der Zulassung durch die Anwaltskammer dürfen die Anwält:innen praktizieren.

Rechtsanwält:innen können sowohl selbstständig als auch festangestellt in einer Kanzlei tätig sein. Letztere stellen an die Bewerber:innen zumeist hohe Anforderungen, da gerade in den renommierten, international agierenden Großkanzleien oft Spitzengehälter gezahlt werden. So ist etwa zusätzlich zum Prädikatsexamen ein Master of Laws (LL.M.) gern gesehen, besonders ein solcher mit einem wirtschaftlichen Fokus, der im englischsprachigen Ausland erworben wurde. Hervorragende Englischkenntnisse sind für große Kanzleien wichtig, da sie häufig Kund:innen mit internationalen Standorten betreuen.
Darüber hinaus kann ein Fachanwaltstitel in internationalem Wirtschaftsrecht ein Vorteil sein, denn auch Kanzleien sind Unternehmen, die wirtschaftlich agieren müssen.

Alternativ kann, wer nicht selbständig sein und dennoch nicht für eine Großkanzlei arbeiten möchte, auch bei kleineren Kanzleien unterkommen, die meist eher regional agieren. Auch hier ist wirtschaftliches Denken gefragt; Englischkenntnisse sind dagegen weniger wichtig, da die Mandant:innen hier selten einen internationalen Hintergrund haben.

Der Schritt in die Selbständigkeit bietet Anwält:innen größere Freiheit in der Auswahl ihrer Fälle und insgesamt mehr Entscheidungsmöglichkeiten in allen Geschäftsbereichen.  Zugleich bringt die Selbständigkeit auch mehr Verantwortung und Risiko mit sich, erst recht, wenn man nicht ganz allein arbeitet, sondern Mitarbeiter:innen einstellt.

Der Erfolg als Rechtsanwält:in hängt übrigens nicht allein von der Fachkompetenz ab. Gerade in Bereichen, in denen man mit Menschen zu tun hat – egal ob im Arbeitsrecht, Familienrecht, Strafrecht, Baurecht– hängt viel davon ab, ob die Anwält:innen es schaffen, ihren Mandant:innen das Gefühl zu geben, dass sie sich wirklich für sie einsetzen. Da die Anzahl der Anwält:innen derzeit steigt und somit auch der Wettbewerb, ist dieser Aspekt nicht zu unterschätzen und vielleicht auf diesem Wege noch wichtiger als Fremdsprachenkenntnisse und Auslandssemester, die grundsätzlich natürlich bei jeder Bewerbung punkten.

Fachanwalt oder Fachanwältin

Fachanwält:innen sind Rechtsanwält:innen, die sich auf ein bestimmtes Rechtsgebiet spezialisiert haben. Für die Weiterqualifikation kann zwischen 23 Rechtsgebieten gewählt werden. Dazu gehören zum Beispiel Steuerrecht, Familienrecht, Strafrecht, Verkehrsrecht oder Arbeitsrecht.
Die Spezialisierung erfolgt im Rahmen eines Lehrgangs, der mindestens 120 Stunden umfassen muss. Für die Zulassung muss darüber hinaus eine ausreichende Anzahl an Fällen im entsprechenden Rechtsgebiet bearbeitet worden sein. Der Richtwert für die Anzahl der Fälle liegt zwischen 50 und 160 pro Rechtsgebiet. Zusätzlich müssen Fachanwält:innen über mindestens sechs Jahre Berufserfahrung als Rechtsanwält:in verfügen.
Durch den Fachanwaltstitel verpflichten sich die Rechtsanwält:innen zudem dazu, regelmäßig an Fortbildungen im entsprechenden Rechtsgebiet teilzunehmen. Tun sie dies nicht, können sie ihre Zulassung wieder verlieren.

 Syndikusanwalt oder Syndikusanwältin

Syndikusanwält:innen übernehmen die anwaltliche Beratung eines Unternehmens, bei dem sie fest angestellt sind. Vor Gericht vertreten sie das Unternehmen jedoch nicht. Parallel zur festangestellten Beschäftigung in einem Unternehmen dürfen Syndikusrechtsanwält:innen auch selbstständig arbeiten, wenn sie zusätzlich die Zulassung zur Niederlassung haben. Für eine erfolgreiche Bewerbung als Syndikusanwältin ist es von Vorteil, wenn die im Studium geleisteten Praktika in der Wirtschaft stattfanden.
Für Syndikusanwält:innee besonders wichtig ist auch die Fähigkeit, Außenstehenden bzw. juristischen Laien komplexe juristische Sachverhalte allgemeinverständlich erklären zu können, denn in der Regel haben die Menschen, mit denen sie alltäglich zu tun haben, keinen juristischen Hintergrund, müssen jedoch über die rechtlichen Besonderheiten und Risiken bestimmter Entscheidungen genau informiert werden.

Justiziar oder Justiziarin

Ein:e Justiziar:in leistet Rechtsberatung im öffentlichen Dienst oder in der Wirtschaft. Ziel ist es, juristische Probleme zu vermeiden („vorsorgende Rechtspflege“).
Für die Tätigkeit als Justiziar:in gibt es keinen vorgeschriebenen Ausbildungsweg.
Allerdings erwarten Arbeitgeber:innen zumindest ein abgeschlossenes Jurastudium. Die Fähigkeit, juristische Sachverhalte anschaulich erklären zu können, ist auch hier besonders wichtig.

Alternative Berufsfelder für Juristen und Juristinnen

Das Studium der Rechtswissenschaften kann auch eine gute Grundlage für fachfremde Berufsfelder sein. Juristisches Wissen ist in zahlreichen Berufen von Vorteil, etwa in der Unternehmensberatung oder in der Politik. Auch Stiftungen und Vereine profitieren von Mitarbeiter:innen, die sich mit geltendem Recht auskennen; ebenso kann der Beruf als Journalist:in kann für Absolvent:innen eines Jurastudiums interessant und geeignet sein. Die im Studium erlernte Fähigkeit, sich kritisch und analytisch mit Ereignissen auseinanderzusetzen, ist in vielen Berufsfeldern gefragt – und Kenntnisse des Rechts sind in fast allen Bereichen des Lebens und Arbeitens nützlich.